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Ecologic Institute Newsletter Nr. 224 – Mai 2021

Ecologic Institute Newsletter Nr. 224 – Mai 2021

Das Klimaschutzgesetz schützt die Grundrechte der jetzt Lebenden nicht ausreichend für die Zukunft

Ecologic Institut Newsletter
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Das Klimaschutzgesetz schützt die Grundrechte der jetzt Lebenden nicht ausreichend für die Zukunft

Liebe Leserinnen & Leser,

Selten gibt es Entscheidungen, die juristisch und politisch derart Wellen schlagen wie der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum deutschen Klimaschutzgesetz (KSG). Klimaschützer sind begeistert, die Regierung unter Druck. Doch was steht eigentlich in dem Beschluss? Wer sich nicht durch die über 100 Seiten der Entscheidung wühlen möchte, findet in diesem Newsletter unseren Policy Brief, der die wesentlichen Inhalte des Beschlusses verständlich zusammenfasst. Es sei aber bereits hier festgehalten: Der Staat muss Leben und Gesundheit aktiv vor den Gefahren des Klimawandels schützen. Auch wenn der Gesetzgeber einen weiten Spielraum hat, hält das BVerfG einen rechtzeitigen Übergang zur Klimaneutralität für erforderlich. Eine "einseitige Verlagerung" von Emissionsminderungslasten – und daraus resultierenden Freiheitseinschränkungen – in die Zukunft ist verfassungswidrig. Soweit so neu.

Im Ergebnis stufte das Gericht Teile des geltenden KSG als verfassungswidrig ein. Die Bundesregierung legte daraufhin in Lichtgeschwindigkeit einen neuen KSG-Entwurf vor, mit höheren Zielen für 2030, einem Ziel für 2040, früherer Klimaneutralität und konkreten Minderungspfaden für die Zeit nach 2030.

Die Entscheidung des Gerichts so kurz vor den Bundestagswahlen rückt den Klimawandel einmal mehr in den Fokus der politischen Debatte. Das ist gut, denn die globale Gemeinschaft hinkt immer noch den im Pariser Abkommen definierten Zielen zum Klimaschutz hinterher. Der Klimagipfel im November in Glasgow wird ein wichtiger Prüfstein, ob auf die steigende Herausforderung mit entschiedeneren Maßnahmen reagiert wird. Ambitioniertere und konsequentere Klimapolitik in Deutschland kann einen wichtigen Baustein dazu liefern. Wie überzeugend Deutschland sich in der EU und in Glasgow positionieren kann, hängt aber auch davon ab, ob Ziele und Zahlen mit wirksamen Maßnahmen hinterlegt werden.

Zu einer positiven Dynamik versucht das Ecologic Institut mit praxisrelevanter Forschung und kritischen Analysen beizutragen – sei es mit Blick auf die Entwicklungen des Völkerrechts oder auf nationale Langfriststrategien oder ganz konkrete lokale Umsetzungsmaßnahmen. Lesen Sie mehr dazu auch in diesem Newsletter. Ich wünsche inspirierende Lektüre.

Dr. Camilla Bausch
Direktorin, Ecologic Institut

Klimaschutz

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz – Policy Brief

Das Bundesverfassungsgericht hat im März 2021 das deutsche Klimaschutzgesetz für teilweise verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber zur Nachbesserung verpflichtet. Der Policy Brief des Ecologic Instituts erläutert in verständlicher Weise die Kernaussagen der Entscheidung und steht als Download zur Verfügung.

Klimapolitiksysteme in Europa: die Rolle nationaler Beratungsgremien – Bericht

Dieser Bericht des Ecologic Instituts und des IDDRI bietet eine umfassende Übersicht der Klimaräte in europäischen Ländern und der nationalen Governance-Systeme, in denen sie tätig sind. Die Studie schlägt eine Typologie vor, um der Vielfalt der Beratungsgremien Rechnung zu tragen und erarbeitet einen dreistufigen Rahmen zur Bewertung der nationalen Klimapolitiksysteme. Die Untersuchung basierte auf einer Analyse nationaler politischer Dokumente und strukturierten Interviews mit Länderexpertinnen und Länderexperten und steht als Download zur Verfügung.

Klimaziele müssen an erster Stelle stehen – Artikel

Rechtlich verbindliche Reduktionsziele für die Mitgliedstaaten sollten der Ausgangspunkt für die Überarbeitung der EU-Klimapolitik sein. Nationale Ziele sollten bis zur Klimaneutralität in 2050 fortgeführt werden – Ziele müssen allerdings anhand einer neuen Formel auf die Mitgliedstaaten verteilt werden, schreibt Dr. Nils Meyer-Ohlendorf in Euractive. Der Beitrag steht online zur Verfügung.

Konferenz über die Zukunft Europas – was ist drin für den Klimaschutz? – Artikel

Am 9. Mai 2021 begann die Konferenz zur Zukunft Europas. Sie könnte ein Meilenstein der EU-Klimapolitik werden – vorausgesetzt, ihre Empfehlungen sind konkret und konzentrieren sich auf die Handlungsfähigkeit der EU, schrieb Dr. Nils Meyer-Ohlendorf im Tagesspiegel und machte drei Vorschläge für eine klimapolitisch erfolgreiche Konferenz.

Naturbasierte Lösungen zur Förderung von Synergien zwischen Biodiversität und Klimaschutz – Veranstaltung

Der Schutz und die Wiederherstellung der Natur wird aktuell als Schlüssel zum Erreichen der Biodiversitäts- und Klimaziele gehandelt, während dadurch gleichzeitig wichtige sozioökonomische Vorteile erbracht werden können. Am 18. Mai 2021 fand ein virtuelles Breakfast briefing mit ca. 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt, um diese Themen zu diskutieren. Das Think2030-Papier "Using nature-based solutions to foster synergies between biodiversity and climate: Missed chances and opportunities for a sustainable future" wurde vorgestellt, welches gemeinsam vom Institut für Europäische Umweltpolitik (IEEP) und dem Ecologic Institut verfasst wurde.

Auf dem Weg zur Kohlenstoffneutralität – Podiumsdiskussion

Was erfordert ein "Nachhaltiger Wiederaufbau für eine grüne Zukunft"? Dieser Frage widmeten sich zwei Veranstaltungen der Think20 (T20) während der italienischen G20-Präsidentschaft. Dr. Camilla Bausch, Co-Vorsitzende der T20-Taskforce zu Umweltfragen, war als Referentin zu Fragen der langfristigen Strategien und des European Green Deals geladen.

Die EU auf dem Weg zum Klimagipfel in Glasgow (COP26) – Vortrag

Der Klimagipfel (COP26) in Glasgow Ende 2021 gilt für viele als der wichtigste Gipfel seit der Verabschiedung des Pariser Abkommens im Jahr 2015. Auf Einladung der Andrássy Universität Budapest und der Friedrich-Ebert-Stiftung sprach Dr. Camilla Bausch über aktuelle Entwicklungen in der Klimapolitik im Vorfeld der COP26. Ada Ámon, leitende Klima-Beraterin des Budapester Bürgermeisters, und Prof. Dr. Dr. Heinrich Kreft von der Andássy Universität diskutierten mit Dr. Bausch über Herausforderungen und Chancen für die EU auf dem Weg nach Glasgow. Die Vortragsfolien stehen als Download zur Verfügung.

Energie and Kreislaufwirtschaft

Die Rolle von Mieter*innen bei der Energiewende in Berlin – Veranstaltung

Der Forschungsverbund Ecornet Berlin präsentierte auf den Berliner Energietagen am 30. April 2021 wie Mieterinnen und Mieter von der Energiewende profitieren können: Ambitionierte Standards bei der energetischen Sanierung bieten für Mieterinnen und Mieter finanzielle Vorteile, wenn bundesweite Förderangebote in Anspruch genommen werden. Insbesondere Haushalte mit geringem Einkommen, die oft durch Energiearmut gefährdet sind, profitieren, wenn Energiekosten sinken und Mietpreise stabil bleiben. Die Veranstaltung wurde vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, dem Ecologic Institut und dem Öko-Institut innerhalb des Forschungsverbundes Ecornet Berlin organisiert.

Weiterentwicklung der Ausweisung geförderter EE-Mengen und der allgemeinen Stromkennzeichnung in Deutschland – Bericht

In einem Projekt zur Strukturierung des Energierechts wirkte das Ecologic Institut an abschließenden Empfehlungen zur "Weiterentwicklung der Ausweisung geförderter EE-Mengen und der allgemeinen Stromkennzeichnung in Deutschland" mit. Die Empfehlungen umfassen die generelle Weiterentwicklung der Bilanzierungsinstrumente der Stromkennzeichnung, Maßnahmen zur verbesserten Ausweisung geförderter Strommengen aus erneuerbaren Energien, weitere Maßnahmen zu Format und Inhalt der Stromkennzeichnung sowie das Monitoring. Sie stehen als Download zur Verfügung.

Zirkuläre Innovationen im Bereich Bauen in Berlin – Studie

Diese Studie des Ecologic Institut untersucht unterschiedliche Ansätze und Geschäftsmodelle in den Praktiken Lifecycle Designing, Nutzungsdauerverlängerung, Nutzungsintensivierung und Materialneunutzung. Verschiedene bestehende Ansätze und Geschäftsmodelle Berliner Akteure werden dargestellt und Barrieren benannt, die eine Transformation hin zum zirkulären Bauen erschweren. Basierend auf einer Analyse relevanter Governance-Komponenten werden Entwicklungsperspektiven für zirkuläres Bauen in Berlin gegeben. Die Studie steht als Download zur Verfügung.

Circular City Berlin – Kreislaufwirtschaft der zweiten Generation – Studie

Eine Auswertung verschiedener Datenbanken und Plattformen zeigt, dass in Berlin eine vielfältige Innovationslandschaft und ein Experimentierfeld für eine Kreislaufwirtschaft entstanden sind, welche den Fokus auf neue Produktnutzungssysteme richten. Das Innovationsökosystem basiert auf dem Zusammenwirken einer Vielzahl von Agierenden und Umfeldbedingungen. Geprägt wird das Innovationssystem von politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen, Anreizstrukturen und Fördermaßnahmen. Die Studie, an welcher Dr. Martin Hirschnitz-Garbers vom Ecologic Institut beteiligt war, steht als Download zur Verfügung.

Ressourcenschonungspolitik in der EU – Bericht

Die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcennutzung ist ein Kernziel des "Europäischen Green Deal". Wie dies erreicht werden soll, wird vor allem im neuen "Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft" und der "neuen Industriestrategie" von 2020 ausformuliert. In diesem Bericht stellt Susanne Langsdorf vom Ecologic Institut die politischen Schlüsseldokumente der europäischen Ressourcenpolitik vor und zeichnet Entwicklungslinien nach. Der Bericht steht als Download zur Verfügung.

Wasser | Ernährung | NBS

Verwaltung von Grundwasserrechten in Frankreich, Kalifornien und Spanien – Artikel

Wie kann die Übernutzung der Grundwasserressourcen durch landwirtschaftliche Bewässerung besser gesteuert werden? Mit dieser Frage beschäftigt sich Dr. Josselin Rouillard vom Ecologic Institut zusammen mit einer internationalen Gruppe von Forschern aus Kalifornien, Spanien und Frankreich in einem wissenschaftlichen Artikel in der Zeitschrift Water Resources Research. Der Artikel legt dar, wie Nutzende und Behörden zusammenarbeiten und kollektive Regeln verabschieden können, um den Zugang zu und die Nutzung von Grundwasser in der Landwirtschaft zu regulieren.

Synergien zwischen gesundheitsförderlicher und umweltfreundlicher Ernährung wirksam nutzen – Vortrag

Beim 63. Bundeskongress des Verbandes der Diätassistenten stand dieses Jahr auch die Frage im Fokus, wie das Thema Nachhaltigkeit in die Praxis der Diättherapie und Ernährungsberatung Eingang finden kann. Stephanie Wunder hielt dazu einen Impulsvortrag.

Naturbasierte Lösungen und nachhaltige Stadtplanung in der europäischen Umweltpolitik– Artikel

Dieser Artikel, der von Sandra Naumann und McKenna Davis vom Ecologic Institut mitverfasst wurde, gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der europäischen Umweltpolitik und die Rolle naturbasierter Lösungen und nachhaltiger Stadtplanung bei der Erreichung politischer Ziele. Er zeigt auf, in welchen Politiken diese Rolle stärker ausgebaut werden kann. Abschließend werden Empfehlungen für eine bessere Integration solcher Konzepte in den aktuellen politischen Rahmen abgeleitet. Der Artikel steht als Download zur Verfügung.

News

Crowdfunding: Helfen Sie, eine junge Wissenschaftlerin oder einen jungen Wissenschaftler im Bereich Klima & Gesundheit nach Berlin einzuladen

Ecologic Institut hat seine erste Crowdfunding-Kampagne gestartet. Helfen Sie mit! Wir wollen eine junge Wissenschaftlerin oder einen jungen Wissenschaftler nach Berlin einladen, um zu drängenden Fragen im Feld von Klima & Gesundheit zu forschen. Mit Ihrer Hilfe ermöglichen Sie ein International Fellowship anlässlich des 25ten Jubiläums des Ecologic Instituts. Und jeder Euro zählt doppelt: Die Stiftung Mercator wird für jeden gespendeten Euro einen Euro dazu legen.

Jede Aktion zählt: Let's Make Europe Blue

Die Kampagne "Make Europe Blue" ruft Sie – Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Organisationen, Behörden, Prominente, Pädagoginnen und Pädagogen – dazu auf, unsere Ozeane zu unterstützen. Ihren Beitrag leisten Sie in Form eines persönlichen Versprechens oder einer konkreten Handlung für den Schutz der Ozeane, die Sie auf einer interaktiven Karte eintragen. Kommen Sie an Bord und werden Sie ein Teil der Kampagne!