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Das Individuum im Kontext: Unterstützende Umwelten für ein nachhaltiges Leben (InContext)

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Das Individuum im Kontext: Unterstützende Umwelten für ein nachhaltiges Leben (InContext)

Projekt
Forschungsprogramm
Dauer
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Das 3-jährige Forschungsprojekt „InContext“ hat Rahmenbedingungen identifiziert, die die Transformation zu einer umweltfreundlichen, ökonomisch erfolgreichen und kulturell vielfältigen Zukunft ermöglichen. Um das Konzept der nachhaltigen Entwicklung mit Leben zu füllen bedarf es Aktivitäten auf lokaler und individueller Ebene. Um mehr über diese Aktivitäten auf lokaler Ebene zu erfahren, wurden vier Fallstudien und drei Pilotprojekte durchgeführt: Die Fallstudien beschäftigten sich mit Nischen, in denen alternative Energie- und Ernährungspraktiken bereits heute angewendet werden. Die Pilotprojekte entwickelten einen innovativen Prozess zur Einbeziehung von Bürgern, die "Community Arena", und wendeten diesen in drei Gemeinden an. In den Prozessen entwickelten die Beteiligten gemeinsam eine Zukunftsvision für ihre Gemeinde und machten erste Schritte in Richtung Umsetzung.

Die Forschungsergebnisse wurden, neben der wissenschaftlichen Dokumentation, auch in kurzen Papieren vorgestellt. Ein Policy Brief (Englisch) beleuchtet, wie die EU die Transformationsprozesse fördern kann. Der Policy Brief "Raus aus dem Rathaus" untersucht neue Wege der Zusammenarbeit zwischen Kommunalregierungen und lokalen Nachhaltigkeitsinitiativen. Ein Forschungspapier (Englisch) widmet sich der Rolle der Aktionsforscher für Transformationsprozesse.

Die wichtigsten Einsichten für Entscheidungsträger und Aktivisten sind im Folgenden zusammengefasst. Sie sind weder als wissenschaftliche Synthese der Projektergebnisse noch als einfaches Rezept für Politiker zu verstehen, die Nachhaltigkeitsinitiativen unterstützen oder ins Leben rufen wollen. Das InContext-Team versteht diese Thesen als Diskussionsgrundlage.

Raum für Wandel schaffen. Einsichten für Entscheidungsträger und Aktivisten:

Wandel geschieht sowieso. Politik kann ihn unterstützen, aber nicht erzeugen.

Derzeit entstehen überall in Europa Projekte, die zu einer gesellschaftlichen Transformation in Richtung Nachhaltigkeit beitragen. Sie sind ein wichtiger und reicher Bestandteil der Antworten auf die drängenden Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die Einzigartigkeit dieser Projekte sowie die Unterschiedlichkeit der lokalen Bedingungen sprechen gegen Blaupausen, die von oben vorgeschrieben werden. Vielmehr sollten Politiker auf allen Regierungsebenen auf bereits bestehenden Ansätzen aufbauen und ein günstiges Umfeld für langfristigen Wandel schaffen. "Transition Management" ist ein wirksamer Ansatz, um diese Transformation zu gestalten, aber kein Allheilmittel.

Literaturhinweis: The Role of Transformative Communities in Addressing Societal Challenges. InContext Synthesis Report (wird im September 2013 veröffentlicht).

Konkrete Themen sind gute Anknüpfungspunkte, um Menschen zu mobilisieren.

Bei der Anwendung des "Transition Management"-Ansatzes auf lokaler Ebene haben wir gelernt, dass konkrete Fragen Menschen am stärksten mobilisieren. Dazu müssen die Moderatoren achtsam für die Dynamiken vor Ort sowie für die Themen sein, die die Menschen bewegen, und daran anknüpfen. Diese Ausgangspunkte können soziale Fragen oder Fragen der Lebensqualität sein. Beispielsweise können sie sich auf symbolische Institutionen oder Orte der Gemeinschaft beziehen.

Literaturhinweis: The Community Arena. Methodological Guidelines.

Gemeinsame Visionen können Wandel befeuern – auch in heterogenen Gruppen.

Die Erarbeitung einer gemeinsamen Vision für eine wünschenswerte Zukunft kann in Menschen, Gruppen und Gemeinschaften transformative Kräfte freisetzen. Zukunftsvisionen können dabei helfen, der Transformation eine Richtung zu geben. Wenn Menschen auf der Grundlage einer größeren Vision kleine Schritte unternehmen, dann kann sie das darin ermutigen aktiv zu werden und zu bleiben. Bei guter Moderation kann das Erarbeiten einer gemeinsamen Vision heterogene Gruppen zusammenschweißen. Der Fokus liegt dann weniger auf den alltäglichen Auseinandersetzungen, sondern offenbart ein gemeinsames Interesse für die Zukunft.

Literaturhinweis: Pilot Project Reports: Year 1,Year 2, Year 3

Der Begriff ‚nachhaltige Entwicklung‘ ist sehr abstrakt. Die Langfristperspektive und Wirkungen auf ferne Orte in die Debatte einzubringen ist konkreter.

In den lokalen "Transition Management"-Prozessen, die im Rahmen von InContext initiiert wurden, erwies sich der Begriff "nachhaltige Entwicklung" zum Teil als zu abstrakt und abgedroschen, um eine konstruktive Debatte anzuregen. Dagegen sind die im Begriff Nachhaltigkeit enthaltenen Themen relevant für die Menschen. Wenn die Langfristperspektive und die Verknüpfung mit Menschen in anderen Ländern angesprochen werden, werden Nachhaltigkeitsthemen intensiv diskutiert. Die Transformation hin zu einer nachhaltigeren Zukunft bleibt dann kein abstraktes Ziel, sondern wird zu einem Mittel, um die Lebensqualität in der Gemeinde zu erhöhen. Es ist zu früh, um zu beurteilen, welche längerfristige Wirkung die InContext-Prozesse auf die Nachhaltigkeit der beteiligten Kommunen haben werden. Dazu müssen erst aussagekräftigere Evaluationsmethoden entwickelt werden.

Literaturhinweis: Synthesis Report on Pilot Projects.

Individuelle Faktoren (‚inner context‘) und Strukturen (‚outer context‘) verändern sich im Wechselspiel miteinander.

Unsere Forschung baute auf der Vermutung auf, dass dauerhafte Änderungen des individuellen- und kollektiven Verhaltens nur dann erfolgen werden, wenn externe Strukturen (z.B. Normen, Politik und Infrastruktur) und der innere Kontext (z.B. Werte, Motivationen und Weltanschauungen) sich gemeinsam ändern. Es war schwieriger als zunächst erwartet, Menschen auf ihre innere Welt, ihre Werte und Motivationen anzusprechen. Nichtsdestotrotz zeigen die Äußerungen der Prozessteilnehmer/innen, dass individuelle und gesellschaftliche Faktoren bei der Entstehung neuer Verhaltensweisen ineinander wirken. Bei diesem Wechselspiel verstärken sich die Faktoren gegenseitig: Um das Umfeld eines Individuums zu verändern, ist oft eine neue Perspektive und Motivation nötig. Umgekehrt kann die Erfahrung, selbst Änderungen im Umfeld zu erreichen, motivierend für Personen und Gruppen wirken und kann sie darin bestärken, weitere Anstrengungen zu unternehmen.

Literaturhinweis: Foundations for a Common Approach.

Transformation hat einen physischen Ort.

Ortsbasierte Ansätze machen das Konzept nachhaltige Entwicklung greifbarer für den Menschen. InContext hat gezeigt, dass Transition Management-Ansätze in Kommunen vielversprechend sind, um Transformation anzuregen. In den untersuchten Prozessen spielte die Gestaltung physischer Orte – sei es das Land für einen Bauernhof oder ein Nachbarschaftszentrum – eine bedeutende Rolle, damit Wandel stattfinden konnte. Der durch die Gruppe veränderte Raum wird zum Symbol für das, was möglich ist.

Literaturhinweis: Empirical Case Study Report.

Wandel braucht Raum zum Experimentieren und Lernen.

Die Suche nach neuen Konsum- und Produktionsmustern sowie nach neuen Formen des Regierens ist ein gemeinsamer Lernprozess. Die Politik kann Transformationsprozesse unterstützen, indem sie Raum zum Lernen und Experimentieren bereit stellt. "Raum" bedeutet hierbei sowohl im physischen Sinne einen Ort oder Raum als auch Zeit für Austausch miteinander. Schließlich kann es auch heißen, dass Spielraum für neue Praktiken gelassen wird oder Verwaltungen und Politiker sich sogar bewusst nicht einmischen (ohne die Nachhaltigkeitsprojekte dabei zu ignorieren).

Literaturhinweis: Case Study Synthesis Report.

Um Wandel herbeizuführen, müssen eingeübte Rollen und Identitäten überdacht werden.

Die alternativen Konsum- und Produktionsmodelle, die wir untersucht haben, waren sehr unterschiedlich. Sie haben jedoch eines gemeinsam: In allen Fällen wurden die Rollen von Konsumenten und Herstellern neu definiert. Die Neubestimmung dessen, was es heißt Verbraucher oder Hersteller zu sein, fand dabei nicht plötzlich statt, sondern wurde von den Beteiligten in einem fortlaufenden Prozess ausgehandelt. Aus den "Community Arena"-Prozessen ergab sich eine ähnliche Erkenntnis: Gesellschaftliche Transformation hängt auch davon ab, inwieweit Bürger/innen und Politiker/innen bereit sind ihre Rollen in Entscheidungsprozessen zu überdenken. Dafür zu sorgen, dass Bürger/innen und Politiker/innen sich als Menschen gegenüber treten (und nicht als Vertreter/innen ihrer jeweiligen Institution) ist ein wertvolles Mittel, um diesen Reflektionsprozess anzustoßen.

Literaturhinweis: Policy Brief Raus aus dem Rathaus.

Transformationsprozesse profitieren von fähigen Moderatoren.

Unabhängig von der Art des Projekts – sei es ein Dorf, das eine Kooperative für erneuerbare Energien aufbauen will oder ein lokaler Beteiligungsprozess – Transformationsprozesse gelingen leichter mit erfahrenen Moderatoren. Denn um Lernprozesse zu ermöglichen, müssen die Beteiligten zunächst Vertrauen entwickeln. Dazu braucht es Aktivisten, Kommunalvertreter – oder wie unserem Fall - Aktionsforscher, die reflektiert und sensibel auf die Dynamiken vor Ort sowie die Werte, Bedürfnisse und Emotionen der Teilnehmer eingehen. Moderationstechniken sind wichtig und müssen für jeden Schritt des Prozesses mit Bedacht gewählt werden.

Literaturhinweis: Action Research for Sustainability. Reflections on Transition in Practice.

"Aktionsforschung" braucht passgenaue Finanzierung.

InContext zeigt, dass es sich lohnt gemeinsam mit den Bürgern neue Formen der Aktionsforschung zu entwickeln, um die gesellschaftlichen Herausforderungen in Europa anzupacken. Im Vergleich zu traditioneller Forschung erfordert aktionsorientierte Forschung zusätzliche Fähigkeiten, andere Bewertungskriterien und längere Förderperioden. Um ihr volles Potenzial auszuschöpfen, braucht aktionsorientierte Forschung außerdem die Offenheit und Unterstützung von Regierungen und Forschungseinrichtungen. Das Horizon2020 Programm der EU bietet eine einzigartige Möglichkeit, diese Art der Forschung voranzutreiben – auch in Kooperation mit Mitteln der europäischen Struktur- und Kohäsionsfonds.

Literaturhinweis: Policy Brief How the EU Can Support Local Transition Processes.

Kontakt

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Finanzierung
Partner
Team
Dr. Ralph Piotrowski
Katharina Umpfenbach
Dauer
-
Projekt-ID
Schlüsselwörter
Transition management, nachhaltige Entwicklung, foresight, back-casting, Szenarienentwicklung, sozialer Wandel, governance, Pilotprojekt, Fallstudie, Verhalten, Umweltpsychologie, Gemeinden, lokal, Kommune, action research
Europa, Niederlande, Österreich