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Was Narrative mit Nijmegens "Raum für den Fluss" –Programm und Klimaleistungen zu tun haben

©Nijmegen - European Green Capital
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Was Narrative mit Nijmegens "Raum für den Fluss" –Programm und Klimaleistungen zu tun haben

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Ort
Nijmegen, Niederlande

Die Niederlande: Jahrhundertelang haben die Niederländer Deiche gebaut, um ihr Land vor dem Wasser des Rheins zu schützen. Wann immer das Gefühl herrschte, der Schutz sei nicht ausreichend, wurden diese Deiche erhöht und modernisiert. Seit einiger Zeit jedoch passieren ungewöhnliche Dinge entlang vieler Flüsse in den Niederlanden: mehr als dreissig Flüsse verändern ihren Kurs. Deshalb werden neue Flutbekämpfungsmassnahmen im ganzen Land besprochen, kommuniziert und implementiert. Wie werden diese entwickelt? Welche Ansätze werden verfolgt? Dr. Grit Martinez vom Ecologic Institut recherchiert Narrative um der Etablierung von Wissensystemen zu helfen, die Design, Nutzung und Transfer von Klimaservices unterstützen.

Wir reisten im Januar 2018 nach Nimwegen, um diese neuen Flutverwaltungsmassnahmen mit Kollegen an der Universität Wageningen zu besprechen – Städteplaner, Landschaftsarchitekten, Unternehmer, Künstler, Historiker und Bürger – ich fühlte sofort das "amphibische" Wesen dieser Region. Natürlich bezieht sich das Gefühl nicht nur auf Nimwegen: die Hälfte der Niederlande liegt unter dem Meeresspiegel. Seit Jahrhunderten entreißen die Niederländer ihr Land dem Wasser – es ist ein grundliegender Teil der niederländischen Identität, sozusagen geankert in der kollektiven Erbmasse. Aber die Überflutungen des Rheins in den Jahren 1993 und 1995 waren Warnsignale für das Land, denn es wurde klar, dass die Nordsee nicht die Ursache des Problems war: Der Rhein und seine Zubringer befördern die Mehrheit ihres Wassers in die Niederlande. Die Waal ist der Hauptzubringer des Rheins und trägt mehr als zwei drittel dieses Stroms – sie fließt durch Nimwegen.

Beim Essen in einem Restaurant an ehemaligen Waaldocks wurden erste Geschichten über das "Raum für den Fluss" -Program in Nimwegen erzählt. Ich lernte, dass Nimwegens letzter Vizebürgermeister – "ein starker 'keine-Wiederrede-Mensch' der einflussreichsten politischen Partei" – die große Triebkraft dieser weitgehenden Aktivitäten gewesen war. Ich lernte auch, dass Nimwegen den Spitznamen "Havana an der Waal" trägt – eine Anspielung auf die aufgeschlossene politische Gesinnung der Stadt. "Die Leute nehmen sich viel Zeit zu verstehen, was der Fluss möchte, wie er funktioniert" bemerkte ein Teilnehmer des Dinners.

Als wir in unserer Unterkunft ankamen – das 1885 gebaute Schiff "Opoe Sientje", welches jetzt als Museums- und Hotelboot im Nimwegener Waalhafen steht – trafen wir deren Besitzer, Leon Berkers. Leon ist eine entscheidende Figur hinter zahlreichen Festivals und anderen Veranstaltungen um und an der Waal – er lässt keinen Zweifel, dass wir im Einklang mit dem Wasser leben müssen, statt es zu beherrschen. Aber er betont auch: "das heisst nicht, dass wir das Wasser nicht geniessen können."

Am nächsten Tag fuhren wir mit unseren Untersuchungen fort – wir trafen die für Nimwegens Waal-Lösung verantwortlichen Ingenieure und Landschaftsplaner. Wir wollten den Prozess verstehen, aus dem die Weisheit entstand, das Wasser in die Stadt fliessen zu lassen und sie gleichzeitig vor dessen Zerstörungskraft zu beschützen. Laut Experten waren klimarelevante Daten und andere Informationen zentral zur Entscheidung, den ehemaligen Waaldeich zu entfernen und ein Nebengewässer in das Überschwemmungsgebiet zu leiten. Die Experten betonten jedoch: "die Geschichte hinter den Daten ist wichtiger als die Daten selber." Das für innovative Lösungen erforderliche Verständnis der verschiedenen Perspektiven und Bedürfnisse setzt eine Problem-analyse voraus, die Interessen verschiedener Betroffener in Betracht zieht. Die Ausführung des "Raum füer den Fluss" -Programms wurde zwar von der nationalen Regierung in die Wege geleitet, stellte aber eine Gemeinschaftsinitiative dar, in der regionale Wassersicherheitsbedürfnisse auf nationale Anordnungen zur Verbindung von Hochwasserschutz- mit Raumplanung trafen. Letztendlich entfalteten Daten und andere Informationen ihre Wirkungskraft nur auf der Basis von historischen Überzeugungen und unternehmerischen Visionen. Die vielen aus dem "Raum für den Fluss" -stammenden Tourismus- und Freizeitunternehmen, die wir anschließend durch eine Fahrradtour entlang der Waal besichtigten, belegen dies bestens.

Da die Niederländer ihre Fähigkeiten in der Flusshochwasservorbeugung bewiesen haben, fragten wir, wie sich nationale und lokale Ebenen auf Auswirkungen des Klimawandels vorbereiten, die nicht kulturell gesehen typisch niederländisch sind. Zu diesen gehören Hitzestress und Dürre, sowie erhöhte Wasser- und Lufttemperaturen. Können Klimadaten und andere Informationen neue Zyklen von Anpassungsmassnahmen informieren – in den Niederlanden und anderswo? Im Innovation bei der Bereitstellung von Klimadiensten (INNOVA)-Projekt haben wir gerade erst angefangen zu untersuchen, inwiefern Klimadienstleistungen (und welche) in den bestimmten sozialen Zusammenhängen der INNOVA-Zentren in den Niederlanden, Deutschland, Spanien und Frankreich nützlich sein können.

 

Finanzierung:
European Commission, European Research Area for Climate Services (ERA4CS)

Partner:
Helmholtz-Zentrum Geesthacht Zentrum für Material- und Küstenforschung GmbH, Germany
Klimaservice für Anpassung(GERICS)
Universitat politecnica de Valencia, Spain
Universite des Antilles, France
Stichting Wageningen Research, part of Wageningen UR, The Netherlands

Team:
Dr. Grit Martinez
Dr. Nico Stelljes
Marius Hasenheit
Lana Immelman

Projektdauert:
Oktober 2017 bis September 2020

Dauer
Projekt
Schlüsselwörter
Narrative, Nachhaltigkeit, Transformation, Klimawandel, Anpassung, Risikomanagement, Klima-service, Wahrnehmung, Emotion, Kultur, mündlich erfragte Geschichte, Ethnographie, Transdis-ziplinarität, Transformation, Innovation, Wandel
Europa, Europäische Überseegebiete