Built Environment
Sectoral Brief
- Publikation
- Zitiervorschlag
Kupilas, B; Burgos, N; Davis, M; McDonald, H; Enzi, V; Konchenko, T (2025). Sectoral Brief: Built Environment. GoNaturePositive! Horizon Europe Grant Agreement No. 101135264, European Commission. https://doi.org/10.5281/zenodo.15517015
Der Brief beleuchtet, wie Politik, Wirtschaft und Praxis den urbanen Raum in eine naturpositive Zukunft führen können, indem sie ökologische Resilienz und Lebensqualität mit wirtschaftlicher Entwicklung verbinden. Er enstand im EU-Forschungsprojekt GoNaturePositive!
Ökologischer Fußabdruck der gebauten Umwelt
Städte und Bauten prägen Europas Wirtschaft – die Bauindustrie macht 9 % des EU-BIP aus und schafft 18 Mio. Arbeitsplätze. Gleichzeitig verbraucht sie große Mengen an Materialien und Energie, verursacht 35 % der Treibhausgasemissionen und trägt durch Flächenverbrauch zu Habitatfragmentierung bei: Jährlich werden rund 1 000 km² neuen Stadtgebiets versiegelt. Die dichten Bebauungsstrukturen verschärfen Hitzeinseln und Überflutungsrisiken, was die Vulnerabilität urbaner Regionen gegenüber Klimawandelfolgen erhöht.
Politische Rahmenbedingungen für naturpositive Städte
EU-Richtlinien wie der European Green Deal, die EU-Biodiversitätsstrategie 2030 und die EU Nature Restoration Regulation setzen Leitplanken für grünes Bauen und städtische Renaturierung. Sie etablieren verbindliche Zielvorgaben für Erhalt und Ausbau von Grün- und Blaufächen, fordern nationale Wiederherstellungspläne und sollen Investitionen in grüne Infrastruktur lenken. Gleichzeitig birgt die Fragmentierung von Fördermechanismen im mehrjährigen EU-Haushalt die Gefahr widersprüchlicher Anreize zwischen naturpositiven und konventionellen Ausbauprojekten.
Private Initiativen und Best Practices
Neben der Politik treiben NGOs und Wirtschaftsverbände wie der World Green Building Council und der World Business Council for Sustainable Development naturpositive Standards voran. Sie fördern nachhaltige Materialien, kreislauffähiges Design und Monitoring-Tools, arbeiten jedoch meist mit freiwilligen Selbstverpflichtungen, was deren konkreten Impact schwer messbar macht.
Fallbeispiel Biotope City Wien
Ein Leuchtturmprojekt für naturpositive Stadtentwicklung ist Biotope City Wien auf einem ehemaligen Industrieareal: Auf 7 ha entstanden 950 Wohneinheiten, zwei Drittel sozial gefördert, ergänzt durch extensive Gründächer, feuchte Mikrohabitateverbünde und Regenrückhaltebecken. Mikrosimulationen belegen bis zu 2,2 °C niedrigere Lufttemperatur, 33 % weniger Oberflächenabfluss und eine Verdopplung der Kohlenstoffaufnahme – bei einem Mehrkostenanteil von unter 2 %. Das Projekt veranschaulicht, wie kreislauforientiertes Bauen, grüne Infrastruktur und partizipative Planung zu ökologischer Resilienz und urbaner Lebensqualität beitragen.